Stolpersteinverlegung in Gräfenhausen
Gedenken an die jüdischen Familien Strauß und Seliger
Der Künstler Gunter Demnig verlegte am Dienstag, 14. Mai 2024 in der Mittelstraße 1 und in der Mittelstraße 14 im Weiterstädter Stadtteil Gräfenhausen Stolpersteine zur Erinnerung an die jüdischen Familien Strauß und Seliger. Mehrere Mitglieder der beiden Familien wurden in Konzentrationslagern ermordet, anderen gelang die Flucht ins Ausland. Bürgermeister Ralf Möller blickte auf die Geschichte der Familien zurück und rief dazu auf, die Opfer des Nationalsozialismus nicht zur vergessen.
Pauline Strauß (1851-1940) und Samuel Strauß (1851-1893) hatten neun Kinder. Drei von ihnen starben früh. Drei weitere Söhne wanderten zwischen 1902 und 1927 in die USA aus. Ihr Sohn Armin Strauß (1890-1954), der in Frankfurt eine Metzgerei betrieb, kaufte in den 1920er Jahren das Haus in der Mittelstraße 1. Dort eröffnete seine unverheiratete Schwester Selma Strauß (1888-1944) ein Kurzwarengeschäft. Ab 1933 hatten beide Betriebe unter den Boykottaufrufen der Nationalsozialisten zu leiden. Nach dem Tod seiner Ehefrau Hilda Strauß (1894-1935) flohen Armin Strauß und die gemeinsame Tochter Charlotte Strauß (1923-1998) in die USA. Selma Strauß und ihr hochbetagte Mutter Pauline Strauß musste ihren Heimatort Gräfenhausen verlassen. Pauline Strauß starb in Frankfurt an Altersschwäche. Selma Strauß wurde in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert und später im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.
Jenni Seliger geborene Strauß (1883-1945), eine weitere Tochter von Pauline Strauß, und ihr Ehemann Leopold Seliger (1881-1945) wohnte gemeinsam mit ihrem einzigen Sohn Jakob Seliger (1906-1973) und dessen Frau Selma Seliger geborene Rosenbaum (1911-1996) in der Mittelstraße 14. Auch sie betrieben eine Metzgerei. Siegbert Seliger (1932-1933), der Sohn von Jakob und Selma Seliger, starb im Herbst 1933 an einer Lungenentzündung. Bereits zu diesem Zeitpunkt war für Juden der Zugang zu medizinischer Versorgung erschwert. Selma und Jakob Seliger flohen mit ihrer gemeinsamen Tochter Beate Lieselotte Seliger (geboren 1935) nach Argentinien. Jenni und Leopold Seliger mussten nach Frankfurt ziehen. Wie ihre Schwester beziehungsweise Schwägerin Selma Strauß wurden sie in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert und im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.
Angehörige beider Familien waren aus den USA, aus Israel und aus Argentinien zur Stolpersteinverlegung angereist. Im Anschluss besuchten sie den Gedenkstein für die frühere Synagoge in Gräfenhausen und das Museum im Schlossturm. Der Heimatverein Gräfenhausen-Schneppenhausen e.V. hieß sie in seinen Räumlichkeiten willkommen.