Innenminister verleiht Sicherheitssiegel an Stadt
Peter Beuth würdigt Weiterstädter Engagement im Rahmen des Landesprogramms KOMPASS – Aufwändige Bürgerbefragung spielte zentrale Rolle – Rathaus-Chef Möller lobt Zusammenwirken von Polizei, Verwaltung, Bevölkerung und Politik
Eine nachhaltige Kriminalprävention ist für die Stadt Weiterstadt sehr wichtig. Deshalb nahm sie am Landesprogramm KOMPASS teil. Zwei Sicherheitskonferenzen fanden statt, ein Sicherheitsbericht wurde erstellt. Und viele Orte sehen heute einladender als noch vor wenigen Jahren aus, was zu einem höheren Sicherheitsempfinden in der Bevölkerung beiträgt. Für ihr Engagement ist die Stadt am vergangenen Donnerstag als erste hessische Kommune mit dem KOMPASS-Sicherheitssiegel ausgezeichnet worden. Innenminister Peter Beuth war aus Wiesbaden angereist und zeigte sich im feierlichen Ambiente auf Schloss Braunshardt angetan von der Entwicklung in Weiterstadt. „Ich bin sehr dankbar für die tolle Arbeit, die vor Ort geleistet wurde." Bürgermeister Ralf Möller lobte das Zusammenwirken von Polizei, Verwaltung, Bevölkerung und Politik, ohne deren Rückhalt das Projekt „in dieser Form sicher nicht möglich" gewesen wäre. „Sehr viele Menschen haben sich ehrenamtlich für unsere Stadt engagiert", freute sich der Rathaus-Chef an seinem Geburtstag und schob nach: „Dieses Siegel ist ein besonderes Geschenk." Das konnte der Innenminister so nicht stehenlassen und flachste: „Sollten Sie den Eindruck haben, dass es sich um ein Geschenk handelt, so muss ich Sie enttäuschen", sagte Beuth. „Dieses Siegel hat sich Weiterstadt hart erarbeitet."
Im Frühjahr 2019 war das KOMPASS-Projekt mit einer Sicherheitskonferenz gestartet. Ein Jahr danach lud die Stadt mehr als 50 Fachleute aus Politik, Gesellschaft und Verwaltung sowie von der Polizei und Feuerwehr zu einer weiteren Konferenz ein und präsentierte aussagekräftige Ergebnisse. Mehrere Projekte hatte sie in Angriff genommen und vielfältige Maßnahmen in die Wege geleitet. Die Stadt bezog die Bevölkerung und ihre Erfahrungen ein und initiierte in Zusammenarbeit mit der Universität Gießen eine Bürgerbefragung. 850 Bürgerinnen und Bürger aus allen Stadtteilen nahmen teil, ihre Schilderungen spielten im weiteren Projektverlauf eine wichtige Rolle. „Für uns war von Anfang an klar, dass ein solches Projekt nur funktionieren kann, wenn wir unsere Bevölkerung intensiv einbeziehen", erinnerte sich Möller. „Für uns war es sehr wichtig zu erfahren, wie sicher sich unsere Bürgerinnen und Bürger fühlen." Den Aspekt des subjektiven Sicherheitsempfindens hob auch Innenminister Beuth hervor. „In Deutschland lebt man sehr sicher. Aber diese Tatsache hilft wenig, wenn sich Menschen nicht sicher fühlen und deshalb beispielsweise nicht vor die Tür gehen."
Mit dem KOMPASS-Programm stellen Land und die teilnehmenden Kommunen das subjektive Sicherheitsempfinden in den Mittelpunkt aller Überlegungen. „Dabei spielen oft Verschmutzung, die Verkehrssituation oder die Straßenbeleuchtung vor Ort eine zentrale Rolle – also Dinge, die zunächst einmal nichts mit Polizeiarbeit zu tun haben", erläuterte Beuth. Die Befragung brachte unter anderem zum Vorschein, dass sich neun von zehn teilnehmenden Weiterstädterinnen und Weiterstädtern (93 Prozent) tagsüber sicher fühlen. Zwei von drei Teilnehmenden (63 Prozent) gaben an, dass es in ihrem Stadtteil keinen Ort gebe, an dem sie sich unsicher fühlen. In Braunshardt und Gräfenhausen lag der Wert gar bei 68 Prozent. Polizeipräsident Bernhard Lammel zeigte sich keineswegs überrascht von den positiven Ergebnissen: „Ich war schon vor dem Start von KOMPASS in Weiterstadt beeindruckt, was die Kommune zu bieten hat", sagte der Chef des Polizeipräsidiums Südhessen und verwies auf die vielfältige ehrenamtliche Arbeit, die beispielsweise der städtische Präventionsrat leiste.
Sicherheitsprobleme sahen die Teilnehmenden besonders in den Bereichen Verkehr (z.B. undiszipliniert fahrende Autofahrer und schlechte Beleuchtungen) und Wohnen/Soziales/Sonstiges (z.B. Kinderbetreuung und ärztliche Versorgung). Auf Basis dieser Erkenntnisse wurden Problemstellen identifiziert, woraus sich Maßnahmen zur Verbesserung der objektiven und subjektiven Sicherheit ableiteten. So wurden beispielsweise an den Bahnunterführungen in Braunshardt und Weiterstadt Graffitis entfernt. Zudem beseitigte die Stadt an mehreren Orten Bewuchs, um dunkle Ecken zu vermeiden. Zudem wirkte sich das Projekt positiv auf die politische Arbeit aus. „Vor kurzem haben wir uns in der Stadtverordnetenversammlung mit dem Thema Lichtverschmutzung auseinandergesetzt", berichtete Bürgermeister Möller. Durch die Teilnahme an KOMPASS sei man nun sensibilisiert, welchen Einfluss dunkle Ecken auf das subjektive Sicherheitsempfinden haben. „Deshalb ist klar, dass wir die Straßenbeleuchtung nachts nicht komplett ausschalten können, obwohl man aus ökologischer Sicht auf diese Idee kommen kann."