IG Neubaustrecke Weiterstadt

Die Entscheidung zur ICE-Neubaustrecke zwischen Frankfurt und Mannheim ist gefallen. Nach vier Jahre andauernden Beratungen verkündete die Deutsche Bahn am 13. November 2020 im Rahmen der 11. Sitzung des Beteiligungsforums Rhein/Main-Rhein/Neckar, dass man sich für die Variante II b entschieden habe. Es handelt sich dabei um eine Direttissima mit zweigleisiger „kleiner" Weiterstädter Kurve zwischen dem Weiterstädter Bahnhof und der Autobahn (A5). Diese sollen die aus Richtung Mainz kommenden Güterzüge nutzen, ehe sie südlich abdrehen und auf die Neubaustrecke geleitet werden, für die eine Strecke von knapp 58 Kilometern entlang der A5 und A67 vorgesehen ist. Bürgermeister Ralf Möller kritisiert die Pläne – vor allem deshalb, weil die Vorbelastung von Weiterstadt durch Lärmquellen (zum Beispiel Autobahn und Flugverkehr) nicht berücksichtigt worden sei. „Deswegen werden wir uns wehren und rechtliche Schritte prüfen", betont Möller und unterstreicht: „Diese Variante ist weder für unsere Bevölkerung noch für die Umwelt eine verträgliche Lösung." So sei beispielsweise davon auszugehen, dass die Verkehrsbelastung im Zuge der geplanten Bauarbeiten massiv zunehmen werde.
Die neuen Gleise entlang von Weiterstadt würden größtenteils in Troglage, aber teilweise auch in einem Tunnel verlaufen. Die A5 wäre jahrelang nur eingeschränkt nutzbar, weil Fahrbahnen abgebrochen werden müssten. „Wir hätten hier zwei Großbaustellen, weswegen der Verkehr umgeleitet werden müsste – zulasten von Weiterstadt", ist sich Möller sicher. Der Rathaus-Chef sei zwar bereit, größere Baustellen und damit verbundene Einschränkungen mitzutragen. „Aber nur dann, wenn dies dazu beiträgt, dass die Situation hinterher erträglich ist", sagt Möller und schiebt nach: „Dies wäre bei dieser Variante aber nicht der Fall, denn wir hätten auch nach Abschluss der Bauarbeiten wesentlich mehr Lärm als jetzt." Der Rathaus-Chef werde nun zweigleisig verfahren – einerseits rechtliche Schritte in die Wege leiten, andererseits sich für einen optimalen Lärmschutz einsetzen. „Konkret geht es mir darum, dass der Lärmschutz vom Bahnhof bis westlich von Braunshardt verlängert wird. Außerdem werde ich mich für eine frühere Troglage der neuen ICE-Strecke bei Gräfenhausen stark machen."
Die Stadtverordnetenversammlung hatte sich einstimmig dafür ausgesprochen, dass der Güterverkehr entlang der A67 verlaufen sollte. Bei dieser Variante wären weniger Menschen von Lärm betroffen, weil die Autobahn teils durch relativ dünn besiedelte Gebiete verlaufe. „Entscheidend ist aber vor allem, dass nicht Menschen betroffen wären, die ohnehin sehr stark belastet sind", meint Möller. Weiterstadt hätte mit dem Frankfurter Flughafen, dem Flugplatz Egelsbach, der A5 sowie dem hohen Lärmaufkommen durch die Bahn bereits jetzt eine sehr hohe Gesamtlärmbelastung. „Ich halte es für einen Abwägungsfehler, dass dies bei der Entscheidungsfindung offensichtlich keine Rolle gespielt hat", sagt Möller und fügt hinzu: „In Anbetracht dessen ist es unsere Pflicht, alle möglichen Schritte in die Wege zu leiten, um für Weiterstadt das Bestmögliche herauszuholen." (Grafik: Deutsche Bahn)
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Die Variante 1a sieht vor, die bestehende Strecke von Mainz über Weiterstadt in Richtung Aschaffenburg mit einem Trog an die ICE-Neubaustrecke anzuschließen. Hierfür müsste die bestehende Strecke um cirka 10 Meter in Richtung Norden verlegt werden. Die engen Kurvenradien würden vor allem zu Brems- und Quietschgeräuschen führen. Da es sich dann aber um eine neu gebaute Strecke handelt, würde dies die Möglichkeit eröffnen, einen optimalen Lärmschutz einzufordern.
Die Variante 1b hat im Vergleich zur Variante 1a weniger enge Kurven, so dass sie schneller befahren werden könnte und somit weniger Lärm erzeugen würde. Aber auf der anderen Seite sieht die Umsetzung dieser Variante umfangreiche Baumaßnahmen vor. Zum einen müsste die bestehende Strecke von Mainz über Weiterstadt nach Aschaffenburg zurückgebaut werden. Stattdessen würde die Strecke dann mit einem Trog in den Tunnel an die ICE-Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim und in Hochlage mit einer Brücke über die Autobahn 5 an die Strecke in Richtung Aschaffenburg anschließen. Die Umsetzung dieser Variante würde auch einen Umbau und Neubau der Bahnsteige des Weiterstädter Bahnhofs erfordern, dessen aktueller Umbau aber kurz vor der Fertigstellung steht. Außerdem würden die neu verlegten Gleise durch das aktuell geplante Neubaugebiet Apfelbaumgarten II führen sowie mehrere bewohnte Höfe verdrängen. Der Lenkungskreis der IG Neubaustrecke sieht es daher als unwahrscheinlich an, dass diese Variante umgesetzt wird.
Diese Variante wird von Bürgermeister Möller auch als "Nur über meine Leiche"-Variante bezeichnet. Zum einen würde sie die Landschaft zerschneiden und somit Weiterstadt in seinen weiteren Entwicklungschancen in Richtung Süden hemmen, zum anderen würde diese Variante mitten durch das Naherholungsgebiet Braunshardter Tännchen führen.
Die Variante 3 würde parallel an der A67 entlang geführt werden. Dies entspräche auch dem im Bundesverkehswegeplan vorgeschriebenen sogenannten Bündelungsgebot von Autobahn- und Schienenlärm.
Die Varianten 4 und 4a prüfen eine Anbindung des Darmstädter Hauptbahnhofs von Süden kommend. Der Schienengüterverkehr würde dann über diese Trasse geleitet werden. Für Weiterstadt würde dies bedeuten, dass auf der Bestandsstrecke von Aschaffenburg über Darmstadt in Richtung Mainz mehr Güterverkehrszüge rollen dürften. Daher setzen sich die städtischen Gremien sowie die IG Neubaustrecke für einen optimalen Lärmschutz entlang der Bestandsstrecke ein.
Die IG Neubaustrecke Weiterstadt bündelt die Interessen der Weiterstädter Bürgerinnen und Bürger, der Vereine und Verbände sowie aller weiteren Organsiationen und Unternehmen, um mit einer starken Stimme sprechen zu können.
„Je mehr mitmachen, desto stärker ist unsere Stimme, um sinnvolle Lösungen zu finden und das, was wir nicht wollen, zu verhindern“, laden Bürgermeister Ralf Möller sowie der Sprecher des Lenkungskreises, Peter Rohrbach, alle Weiterstädter ein, sich bei der IG Neubaustrecke Weiterstadt einzubringen (Beitrittsformular).
Warum eine Interessensgemeinschaft?
Die Deutsche Bahn plant zwischen Frankfurt und Mannheim eine ICE-Neubaustrecke entlang der A5. Zusätzlich soll für den Güterverkehr die bereits bestehende Strecke zwischen Mainz - Darmstadt - Aschaffenburg an die ICE-Neubaustrecke angebunden werden. Für den Verlauf dieser Verbindung sind zur Zeit mehrere Varianten in der öffentlichen Diskussion, die sowohl in die Natur und städtebauliche Entwicklung Weiterstadts eingreifen als auch zu mehr Lärmbelastung führen würden.
Beteiligungsforum der Deutschen Bahn
Im Rahmen der Planung hat die Deutsche Bahn ein sogenanntes "Beteiligungsforum" initiiert, bei der Vertreter von Städten und Gemeinden, der Landkreise, Verbände und Vereine, etc. teilnehmen. Die Bürger der Stadt Weiterstadt werden beim Beteiligungsforum von Bürgermeister Ralf Möller sowie dem Sprecher des Lenkungskreises der IG Neubaustrecke, Peter Rohrbach, vertreten.
Bürger mit einbeziehen
Den Startschuss für die IG Naubaustrecke setzte ein von allen vier Fraktionen der Weiterstädter Stadtverordnetenversammlung formulierter Antrag, der die Gründung einer Interessengemeinschaft beabsichtigt hatte, um die Bürgerinnen und Bürger besser miteinbeziehen zu können.